DIN SPEC 91446: Der neue Standard für Kunststoff Rezyklate
28.06.2024 |
Lasse Harder |
Natur und Umwelt
Mehr Qualität, bessere Wertstoffkreisläufe, weniger Abfälle
WARUM ES NEUE STANDARDS BRAUCHT
Der Bedarf an Kunststoffen ist nach wie vor hoch, immerhin sind sie in jedem Lebensbereich einsetzbar. Vor allem im Bereich der flexiblen Verpackung finden Kunststoffe weiterhin Verwendung und werden vor allem bei der Produktion von Standbodenbeuteln primär eingesetzt. Ebenfalls hoch sind dementsprechend die Zahlen beim Blick auf die Produktion: Mehr als 14 Millionen Tonnen hat die Kunststoffindustrie im Jahr 2019 verarbeitet, rund 12,3 Millionen Tonnen waren dabei Primärrohstoffe – also Neuware, die eigens für die Verarbeitung zu Verpackungen und ähnlichen Produkten hergestellt wurde.
Der Anteil an Rezyklaten, also wiederaufbereiteten Kunststoffen, lag hingegen noch unter 14 Prozent. Das hat wirtschaftliche Gründe:
- Die Herstellung hochwertiger Rezyklate, die zu ebenso hochwertigen Produkten weiterverarbeitet werden können, ist relativ teuer.
- Rezyklate kosten daher im Vergleich zu Kunststoffneuware rund 25 Prozent mehr. • Günstiger ist daher die sogenannte energetische Verwertung, also das Verbrennen von Kunststoffen zur Energiegewinnung. Über 3 Millionen Tonnen Kunststoff (das sind 53 Prozent aller gesammelten Kunststoffabfälle in Deutschland) gingen so 2019 den Wertstoffkreisläufen verloren.
Um den Anteil an Kunststoff-Rezyklaten generell zu erhöhen, wurden auf Gesetzesebene – sowohl beim Bund als auch in der EU – höhere Quoten für das werkstoffliche Recycling und für den Einsatz von Rezyklaten in der Produktion verankert. An der häufig mangelnden Qualität der Rezyklate ändert das vorläufig nichts. In diesem Bereich soll jetzt ein neuer DIN-Standard für die notwendigen Verbesserungen sorgen.
ENDLICH EINHEITLICHE STANDARDS
Ein Vorteil von Kunststoffen, der jedoch bei der Wiederverwertung zum Nachteil wird: die große Vielfalt unterschiedlicher Polymerarten. Um diese für die Wiederaufbereitung trennen zu können, fehlten bislang die Daten im Recyclingprozess. Das wiederum hat eine schwankende Materialqualität zur Folge – keine guten Voraussetzungen, um aus den Rezyklaten gleich- oder sogar höherwertige Produkte herzustellen.
An diesem Punkt setzt die neue DIN SPEC 91446 zur „Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten durch Datenqualitätslevel für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel“ an. Die Arbeiten an dem neuen Standard begannen im Sommer 2020, seit Dezember 2021 steht er zur Anwendung bereit. Beteiligt war an der Entwicklung der einheitlichen Regelungen ein Konsortium aus insgesamt 16 Experten aus Wirtschaft und Forschung. Diese decken mit ihrer jeweiligen Fachkompetenz den ganzen Wertschöpfungskreislauf ab, von der Sortierung bis zum Handel mit den Rezyklaten.
An diesem Punkt setzt die neue DIN SPEC 91446 zur „Klassifizierung von Kunststoff-Rezyklaten durch Datenqualitätslevel für die Verwendung und den (internetbasierten) Handel“ an. Die Arbeiten an dem neuen Standard begannen im Sommer 2020, seit Dezember 2021 steht er zur Anwendung bereit. Beteiligt war an der Entwicklung der einheitlichen Regelungen ein Konsortium aus insgesamt 16 Experten aus Wirtschaft und Forschung. Diese decken mit ihrer jeweiligen Fachkompetenz den ganzen Wertschöpfungskreislauf ab, von der Sortierung bis zum Handel mit den Rezyklaten.
Dass es vorläufig „nur“ bei einem Standard bleibt und noch keine Norm entstanden ist, hat gute Gründe:
- Den Standardisierungsprozess für eine DIN SPEC kann grundsätzlich jeder initiieren.
- Die DIN SPEC lässt sich theoretisch auch ohne Konsenspflicht veröffentlichen. Drei beteiligte Parteien sind zwar verpflichtend, diese müssen aber nicht alle Interessengruppen berücksichtigen. Das beschleunigt das Verfahren.
- Die Veröffentlichung erfolgt im Vergleich zu einer DIN NORM schneller. So lassen sich einheitliche Standards und Regelungen früher am Markt etablieren.
Abgesehen davon besteht durchaus die Möglichkeit, die DIN SPEC noch zu einer DIN NORM umzuwandeln. Ein entsprechender Antrag ist gestellt, um auf Basis der Standardisierung eine europaweit gültige Norm zu schaffen.
Die vorliegende DIN SPEC 91446 schließt aber schon in ihrer jetzigen Form bisherige Normierungslücken. Denn feste Normen bestanden bislang nur für PE-, PP- , PS-, PET- und PVC-Kunststoffe. Die sind allerdings einerseits materialspezifisch und andererseits nicht vollständig. Sie sind frei zugänglich und können somit von Handelsplattformen bis zur Politik angewendet werden.
MEHR DATENTIEFE, BESSERE IDENTIFIKATION, EFFIZIENTERE KREISLÄUFE
Mit klaren, einheitlichen Definitionen soll die DIN SPEC 91446 dazu beitragen, die Kommunikation zwischen Akteuren entlang der Wertschöpfungskette zu vereinfachen – sie können zukünftig auf denselben Grundlagen aufbauen. Missverständnisse zu Materialklassifizierungen oder bestimmten Begrifflichkeiten sind somit ausgeschlossen.
Dazu enthält der Standard folgende Regelungen:
Dazu enthält der Standard folgende Regelungen:
- Er legt fest, welche Datenmenge und -qualität notwendig ist, um eine Materialklassifizierung vornehmen zu können. Dazu gehört auch ein System, mit dem sich die verschiedenen Kunststoffrezyklate anhand der Datentiefe einstufen lassen. Es besteht aus vier unterschiedlich umfangreichen Datenqualitätsstufen, die bei der Klassifizierung helfen.
- Er enthält außerdem Definitionen für eine eindeutige Kennzeichnung von Rezyklaten sowie von Rezyklatanteilen in Kunststoffmaterialien.
- Klare Definitionen gibt es darüber hinaus für Begriffe, für die einheitliche Bestimmungen bislang fehlten oder die unterschiedlich genutzt werden. Das betrifft sowohl Inputmaterialien, Recyclingprozesse sowie Kunststoffrezyklate als Werkstoffe.
Insgesamt soll die DIN SPEC 91446 dazu beitragen, die Wertstoffkreisläufe für Kunststoffe zu verbessern – mit dem Ziel, Rezyklate in größeren Mengen aus Sekundärrohstoffen zu gewinnen und für die Produktion in der gewünscht hohen Qualität bereitzustellen.