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Lebensmittelverpackung: Kunststoffrezyklate möglich?

Sind Rezyklate aus Kunststoff in Lebensmittelverpackungen möglich?

Mit dem wachsenden Bewusstsein für Umweltverträglichkeit und Nachhaltigkeit bestimmt die Diskussion über Kunststoffrecycling die öffentliche Debatte. Auch die Gesetzgeber auf EU-Ebene und in Deutschland setzen sich mit Detailfragen zum Recycling von Kunststoffen auseinander. Ein aktuelles Beispiel ist die EU-Verordnung (EU) 2022/1616. Dabei geht es um den Einsatz von Recyclingkunststoffen in Lebensmittelverpackungen wie zum Beispiel für Standbodenbeutel. Unter der Verordnung (EU) 282/2008 war es bisher kaum möglich, recycelte Kunststoff für Lebensmittelverpackungen zu nutzen. Aus Sicht der Verpackungsindustrie erschweren auch die neuen Regelungen die Verwendung der Rezyklate und bauen weitere Hürden auf. Wir geben Dir in diesem Beitrag einen Überblick über die aktuelle Verordnung und ihre möglichen Auswirkungen.

Kunststoffrezyklate als bunte Flakes
Kunststoffrezyklat aus PP Folie für Lebensmittel

Kunststoffrecycling und Rezyklate - worum geht es?

Die Bezeichnung Rezyklate umschreibt Kunststoffe primär aus PP, PE oder PET, die bereits mindestens einmal wiederverwertet worden sind. Aus den recycelten Kunststoffen sind neue Produkte entstanden. Die wiederverwerteten Kunststoffe werden als Teil einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft gesehen. Diese ist für Kunststoffe - anders als beispielsweise für Papier - jedoch bisher nur zu einem Teil realisiert worden. Die angegebenen Zahlen für die Recyclingquote bei Kunststoffen schwanken zwischen unter 50 % bis etwas über 50 %. Insbesondere das Kunststoffrecycling in der privaten Abfallwirtschaft erreicht noch nicht die gewünschten Recyclingquoten.

Welche Arten von Rezyklaten gibt es?

Es werden zwei grundlegende Arten von Rezyklaten unterschieden:
 

  1. Post-Industrial-Rezyklate (PIR) - das sind Kunststoffabfälle, die bei der Herstellung von Kunststoffverpackungen anfallen. Sie werden unmittelbar wiederverwertet, ohne vorher in einem Produkt verarbeitet worden zu sein.
  2. Post-Consumer-Rezyklate (PCR) - diese Kunststoffe entstammen der privaten, industriellen und gewerblichen Abfallwirtschaft. Es handelt sich um die Rezyklate im engeren Sinne, die bereits mindestens einmal in einem Produkt verarbeitet worden waren.

 

In erster Linie entstehen Rezyklate durch Reinigungs- und Zerkleinerungsprozesse. Hier werden nochmals unterschiedliche Qualitäten unterschieden. Dabei werden in einigen Rezyklaten im Zuge der Granulierung Zusäte beigemischt (Regenerate), während andere ohne Zusatz granuliert werden (Regranulat). Die einfachste Technik bei der Herstelllung von Rezyklaten ist das Vermahlen von Kunststoff. Insgesamt stellen die technischen Verfahren beim Kunststoffrecycling die Industrie noch immer vor deutliche Herausforderungen.

Recycling Symbole
Pfandsystem für das Recycling von PET Flaschen

Welche Kunststoffverpackungen werden derzeit im Wertstoffkreislauf recycelt und welche Schwierigkeiten bestehen?

Verpackungen aus Polypropylen (PP), Polystyrol (PS), Polyethylen (PE) und Polyethylenterephthalat (PET) werden recycelt. Dabei erweist sich der Recyclingkreislauf noch nicht als geschlossen. Technische Herausforderungen bestehen primär bei der Herstellung der Sortenreinheit bei Post-Consumer-Abfällen. In das Recycling gehen viele Verbundstoffe, die nicht ohne Weiteres in die einzelnen Kunststoffarten aufgetrennt werden können. Dieses technische Problem konnte auch nach Jahren der Beschäftigung mit Kunststoffrecycling noch nicht immer zufriedenstellend gelöst werden.
 

Insbesondere in der privaten Abfallwirtschaft lässt deshalb die Wiederverwertungsquote bei Kunststoffen noch zu wünschen übrig. Viele Entsorger verfügen noch nicht über die erforderlichen technischen Anlagen, um Kunststoffrecycling im großen Stil effektiv zu betreiben. Deshalb wird immer noch ein größerer Anteil an Kunststoff verbrannt, obwohl der Abfall getrennt gesammelt wird. Eine überzeugende Recyclingquote wird bisher nur bei PET-Flaschen erreicht.Hier werden bereits 94 % aller PET-Getränkeflaschen recycelt, diese Produkte kommen auf eine Verwertungsquote von annähernd 100 %. In jeder PET-Getränkeflasche ist heute durchschnittlich ein Anteil von 30 % an Rezyklaten enthalten.

Vor allem für private Haushalte ist die richtige Trennung von Abfällen immer wieder problematisch. Um diesem Problem zu lösen, platzieren Hersteller einheitliche Recycling-Symbole auf allen Verpackungen. Alles was du über die Recycling-Codes und deren Bedeutung wissen musst, erfährst du in unserem Magazinartikel "Recycling Code - Was bedeuten die Abkürzungen?"

Warum dürfen recycelte Kunststoffe bisher nur eingeschränkt für Lebensmittelverpackungen verwendet werden?

Welche Kunststoffarten kommen überhaupt in Frage?

Die Anforderungen für Kunststoffe im Kontakt mit Lebensmitteln sind allgemein hoch. Es kommen nicht alle Kunststoffmaterialien infrage. In der Industrie wird von den "lebensmittelechten Kunststoffen" gesprochen. Dabei handelt es sich um Kunststoffe, die die verpackten Lebensmittel nicht beeinflussen. Es lösen sich aus den Polymeren keine Stoffe, die an die Lebensmittel abgegeben werden könnten. Hier existiert bei der Europäischen Union bereits seit 2011 eine Positivliste, die die möglichen, für Lebensmittel verwendbaren Kunststoffe auflistet.

In Betracht kommen derzeit in erster Linie:
 

  • PET
  • PP
  • verschiedene Qualitäten von PE (PE mit hoher Dichte PE-HD, PE mit geringer Dichte PE-LD)
  • im Ausnahmefall PVC, das frei von sogenannten Weichmachern ist
Produktion von Verpackungen aus Kunststoff
 
Standbodenbeutel für Lebensmittel aus Kunststoff

Beim Einsatz von recycelten Kunststoffen in Lebensmittelverpackungen kommen weitere Bedingungen hinzu: Lebensmitteltaugliche Rezyklate müssen in besonderen Verfahren gereinigt und dekontaminiert werden. Die Gefahr, dass hier unerwünschte Stoffe durch Verunreinigungen mit Lebensmitteln in Kontakt kommen, ist bei recyceltem Kunststoff höher als bei erstmalig eingesetzten Polymeren. Dem trägt der Gesetzgeber auf nationaler und auf EU-Ebene Rechnung. Abgesehen von den Recyclingverfahren für PET-Getränkeflaschen hatte die bis Oktober geltende EU-Verordnung (EU) 282/2008 strenge Hürden für den Einsatz von Rezyklaten in Lebensmittelverpackungen aufgestellt. Dabei ging es insbesondere um die technischen Verfahren, die beim Recycling angewendet werden. Hier wurden Zulassungsverfahren für die Produktion der Food-Grade Rezyklate eingeführt. Zunächst galten Kunststoff-Rezyklate als potenziell gesundheitsgefährdend.
Deshalb mussten Recyclingverfahren für Rezyklate, die in Lebensmittelverpackungen verwertet werden sollen, zugelassen werden.

 
Neue Ansätze in der EU-VO 2022/1616?

Aus der Sicht der EU-Kommission erleichtert die neue Verordnung die Herstellung der Rezyklate für Lebensmittelverpackungen. Unter anderem setze die aktuelle Verordnung auf klare Regelungen im Bereich von Dokumentation, Qualitätskontrolle und Kennzeichnung. Sie könnte es erleichtern, Einzelgenehmigungen für bestimmte PET-Recyclingverfahren zu ermöglichen. Vor allem vereinheitlicht das aktuelle Gesetzeswerk die Rechtslage, weil bisher in diesem Bereich auch zusätzliche nationale Regelungen galten. Mit einem öffentlichen Register für Recyclingverfahren, Verwerter und Recyclinganlagen will man für mehr Transparenz sorgen. Weiterhin müssen aber neue Verfahren zur Herstellung der Rezyklate in einem umfassenden Verfahren zugelassen werden. Bestehende Verfahren stehen immer wieder auf dem Prüfstand.

Die Kunststoffindustrie in Deutschland sieht die neue Verordnung kritisch. Sie versteht sich in der Verwendung der Rezyklate für Lebensmittelverpackungen noch immer als extrem eingeschränkt. Die Einschätzung der Rezyklate im Kontakt mit Lebensmitteln als gefährlich habe sich nicht verändert. 270 bisher schon geltende Recyclingverfahren bei PET-Recycling seien immer noch nicht abschließend europaweit zugelassen. Rezyklate über den Bereich PET-Wiederverwertung hinaus für Lebensmittelverpackungen einzusetzen, sei auch mit (EU) 2022/1616 annähernd ausgeschlossen.

Warum besteht ein Spannungsverhältnis zwischen Recyclingquoten und Anforderungen an Food-Grade-Rezyklate?

Probleme bereitet den Industrieteilnehmern im Kontext von EU-VO 2022/1616 auch die Mindestquote der EU-Einwegplastikrichtlinie (SUPD). Diese schreibt vor, dass bis 2025 25 % aller Kunststoffe recycelt werden müssen. Das gilt auch für Lebensmittelverpackungen. Hier wünscht man sich eine Ausnahme für diese Verpackungen bei der Quote. Die Industrieunternehmen sehen unverhältnismäßig hohe Hürden dafür, abgesehen vom PET-Getränkeflaschen-Bereich Rezyklate in Lebensmittelverpackungen zu verwenden. Weitere Aspekte würden die Industrie unter Druck setzen. Dazu gehörten die hohen technischen Anforderungen an Recyclingverfahren sowie die bisherige Verfügbarkeit der Rezyklate auf dem Markt.

Herstellung Standbodenbeutel aus Kunststofffolie
Kunststoff-Abfall

Wie ist der Einsatz der Rezyklate international geregelt?

Auch international unterliegt die Herstellung der Rezyklate für Lebensmittelverpackungen vielfach einer Regulierung. In den USA ist es etwa die FDA (US-Food-and-Drug-Adminstration), die eine Sicherheitsbewertung für den Einsatz von recycelten Kunststoffen in Lebensmittelverpackungen durchführt. Man hat sich dabei dafür entschieden, in jedem einzelnen Fall das angewendete Recyclingverfahren individuell zu prüfen und eine Stellungnahme abzugeben. Insgesamt gewinnen Kunststoffrecycling und Rezyklate in vielen Ländern angesichts knapper werdender Ressourcen an Bedeutung.

Fazit: Haben Food-Grade-Rezyklate eine Zukunft?

Rezyklate werden in Zukunft eine größere Rolle für die Herstellung von Lebensmittelverpackungen spielen müssen. Allerdings ist die Kunststoffindustrie intensiv gefordert, weitere technische und rechtliche Hürden zu überwinden. In dem Spannungsverhältnis Lebensmittelsicherheit und Recyclingquote geht es unter anderem um Investitionen in neue Recyclingverfahren und deren Zulassung. Betrachtet man den verbreiteten Einsatz von Kunststoffen für Lebensmittelverpackungen, kommt die Industrie an der Perfektionierung des Kunststoffrecyclings nicht vorbei. Weitere Erleichterungen im rechtlichen Bereich sind für Rezyklate bei Lebensmittelverpackungen zeitnah nicht zu erwarten. Der Verbraucherschutz steht dem entgegen. Die Entwicklung bleibt abzuwarten, denn mit steigenden Rohstoff- und Energiepreisen stehen Unternehmen von allen Seiten unter Druck. Von Behördenseite müssten Zulassungsprozesse effektiver gestaltet werden. Sonst werden Inustrieinitiativen ausgebremst.


 
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